Montag, 14. Januar 2008

Kiruna I

Umeå war uns irgendwie nochnicht nördlich und der Winter noch nicht kalt genug. Also haben wir uns dazu entschlossen, einfach nochmal 600km weiter in den Norden zu fahren, nach Kiruna. Nein, eigentlich war der Grund ja ein anderer. Alles rein wissenschaftlich. Wir hatten nen Kurs belegt: Arctic Science. Das war ein "distance course", soll heißen: Eine Woche mal weit weg fahren, so richtig lernen und dann dan Rest zu Hause arbeiten. So geschah es dann auch. Wir fuhren mit Moritz, bzw.: Er war so nett, uns mitzunehmen. Wir entschieden uns, die Strecke durchzufahren. Aber Obacht: 600km deutsche Autobahn ein Witz verglichen mit 600km nordschwedischer Polarschneepiste mit Rentieren am Straßenrand. Wir entschieden uns, zunächst an der Küste langzufahren, auf der E4. Hinter Luleå ging es dann auf die E10. Aber davor machten wir noch einen kurzen Stopp am Ende der Ostsee. Alles war gefroren und es wehte ein biestiger Wind. Wir betraten das Meer. Dieser Platz hatte etwas ganz unheimliches. Eine komische Stille, nichts hat sich bewegt, selbst das Meer nicht. Ok, war ja auch gefroren. Um die Ohren peitschte ein fieser Wind. Wir hatten jetzt weniger ein Problem mit -15°C, aber vielmehr mit dem Wind. Ich zumindest. Also bin ich auch recht schnell wieder ins Auto gehüpft. Kurz drauf war es dann auch soweit: Wir überquerten den Polarkreis. Unsere Respektlosigkeit gegenüber der Kälte wurde auch prompt zum Ausdruck gebracht.Hinter dieser Grenze herrschten andere Gesetze. Zumindest im Tierreich. Exotische Tiere hatten hier ihr Zuhause: Der Lynx, der Lemming, das Rentier und der Braunbär. Und noch so ein komischer Vogel, der echt superlustig und dämlich zugleich aussah. Leider hab ich seinen Namen vergessen. Mit den Rentieren machten wir auch gleich erste Bekanntschaft. Zu einer Kollision kam es zum Glück nicht. Die Fahrt erinnerte mich stark an Highways in den USA. Nur Wüste, sonst nichts. Und alle hundert Kilometer mal ein Burgerladen. Die Wüste war hier der verschneite Wald. Unbewohnt war auch alles. Nur die Burgerläden waren die gleichen. Allerdings kein McDonalds, sondern anderen komisches Zeug. Wir machten kurz Halt für eine Stärkung und dann ging's rein nach Kiruna. Eine sehr seltsame Stadt. Als wäre sie der letzten Posten der Menschheit vor dem Ende der Welt. Ok, war sie auch fast. Die halbe Stadt besteht aus einer riesigen Eisenerzmine. Das Stadtbild war weder besonders industriell, noch idyllisch (rote Holzhäuser). Einfach nur komisch. Unheimlich irgendwie. Hier mal eine Karte, damit ihr einen Überblick habt. Vorsicht, die perspektive ist mal anders.Man sieht Skandinaviem vom Nordpol aus. Deutschland liegt hinten im Horizont. Markiert sind Umeå, Kiruna und Abisko (da geht es dann später noch hin).
Am Montag selbst machten wir nichtmehr viel. Zuerst trafen wir uns mit Dr. Carol Norberg, die Chefin von dem Kurs. Eine sehr nette Frau. Von ihr gabs die Zimmerschlüssel. Ein Urteil über die Zimmer will ich nicht fällen. Mich nervt immer die Überbewertung von Zimmern. Es war halt ein Zimmer. Es gab Strom, Wasser und Internet. Luxus, finde ich. Internet am Arsch der Welt, das hat schon was tolles. Einfach den Laptop anschmeißen und zu Hause anrufen. Bevor wir ins Bettchen sind, gings nochmal schnell in die "Innenstadt". Dort stehen viele Eistiere rum, zum Beispiel diese Bären:Im Supermarkt haben wir dann noch Maria und Dominika getroffen. Die wohnten leider in nem anderen Haus. Auch Stefan und einen lustigen Asiaten haben wir getroffen. Der lustige Asiate ist Kiruaner, rauchte, mochte die Natur nicht, nahm nur leichte Drogen und konnte uns ein wenig rumführen.
Am nächsten Morgen ging es zum ersten Mal zum Space Campus. Dort sollten unsere Vorlesungen sein. Sehr modern. Wie ein Raumschiff, mitten im Nichts. In Kiruna haben die Unis von Luleå und Umeå ihre Aussenposten zur Weltraumforschung. Eine super Einrichtung! Alles sehr interessant und rauschiffig. Der große Hörsaal im IRF (Weltraumphysikinstitut) war wunderschön! Da kam uns auch gleiche eine gute Idee. Mehr dazu später.Wir dachten ja, dass in dem Kurs nur Physikstudenten aus Umeå wären. Falsch! Der Kurs war international besetzt. Viele Studenten kamen von überall her, um meine eine Woche in der Subarktis zu verbringen. Auch Deutsche. War ja klar. Es waren aber auch echte Kracher dabei: Angehende Austronauten aus Holland und England oder ein Abteilungsleiter für die Entwicklung ballistischer Raketen bei Lockheed-Martin (weltgrößter Rüstungskonzern). Interessant zu sehen, dass Entwickler von Kriegsraketen aussehen wie 12 und nachts im Schlaf laute Träume haben.
Am ersten Tag wurde uns das Institut und der Wochenplan vorgestellt. Es gab ein paar Vorlesungen über die Nordlichter, gefolgt von Einteilungen in 3er Gruppen. Um unsere 4,5 ECTS Credits zu bekommen, gab es drei Aufgaben zu meistern: Ein Blatt mit Übungen bearbeiten (das kommt erst noch per Mail, mach ich von Deutschland aus), eine Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Artikels schreiben (kommt noch) und bis nächsten Montag: Eine Norlichter Übung absolvieren. Wir sollten zunächst zwei Beispiele aus Bilderkatalogen klassifizieren und dann raus in die Natur, echte Nordlichter sehen und untersuchen. Ich war mit Maria und Dominika in einer Gruppe.
Die Prognosen für den Abend waren gut. Sowohl der K-Index, als auch die Sonnenaktivitäten und - ganz wichtig - das Wetter. Klarer Himmel. Und wir sollten nicht enttäuscht werden. Auch in Umeå haben wir schonmal Nordlichter gesehen, aber das hier war unvergleichlich. Leider waren unsere Kameras nicht besonders gut. Meine schon garnicht. Also musste ich ein paar Bilder von Julian schmarotzen. Der ganze Himmel glühlte grün. Die Lichter wehten hin und her wie grüne Vorhänge im Wind. Ich hätte nicht gedacht, wie schnell sich sowas bewegen kann. Bei fiesen Minustemperaturen standen wir auf dem Berg, auf den wir geklettert waren, und staunten einfach nur. Das wissenschafltiche Protokollieren ging dabei schon vergessen. Einfach wow.

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