Sobald man sich hier oben in Schweden eingelebt und das alles als seinen Alltag akzeptiert hat (ja, es ist soweit), braucht man auch hier mal Urlaub. Den hatte ich jetzt: Es ging nach Tallinn, Estlands Hauptstadt. Estland kennt ja jeder vom European Song Contest ("And now: the Estonian vote"). Und das Land war voller Überraschungen! Aber mehr dazu später. Los ging's am Donnerstag morgen um 6:30. Das klappte bis auf einen Spanier und eine unserer Mentorinnen (das sind die, die auf uns aufpassen sollen) ganz gut. Aber so 15 Minuten später waren wir dann wirklich komplett. Wir sind übrigens 90 Austauschstudenten, verpackt in 2 Bussen. Das mit dem Verpacken lief auch nicht so geschmiert. Unsere Mentoren hatten Listen, mit denen sie uns auf Busse aufteilen wollten. Leider verschiedene Listen. Also mehrmals Bus gewechselt und am Ende nicht mit Caro im gleichen Bus gefahren. Saublöd. Naja, ab nach Stockholm. Wir sollten sehen, dass man an einem Tag sehrwohl einmal quer durchs Land fahren kann. Um 7:23 habe ich in meinem Reisetagebuch notiert: -8,4°C Lufttemperatur, ruhige Stimmung. Ich stellte fest: Zum Lesen ist es zu dunkel, es ist ja noch früh. Dann fiel mir ein: Später wirds auch nichtmehr viel heller. Naja. Nachdem wir mittags nochmals die Busse gewechselt hatten, konnte ich dann - statt selbst zu lesen - mir von Caro "Der Sack über dem Kopf" aus Marcel Reich-Ranickis "Meine Schulzeit im dritten Reich" vorlesen lassen. So um 16:00 landeten wir dann in Stockholm am Hafen, bekamen Tickets und machten uns auf die Fähre. Diese hatte ich brutal unterschätzt. Sehr groß und sehr modern! Unser schönes Boot "Victoria I" hatte jede Menge zu bieten: Sauna- und Wellness-Bereich, Casino, Showsaal mit Bingo, Tanz und Musik, Karaoke-Bar, viele Shops, ein schickes Restaurant, ein Fast-Food-Restaurant, das große Buffet, eine Disco, Schlafkabinen und ein Sonnendeck. Letzteres wurde zuerst erkundet.
War dann aber doch etwas kalt und windig. Unser freundliches Boot fuhr von 18:00 bis 10:00. Aber Obacht: Zeitverschiebung. Um Irritationen zu vermeiden (oder zu verursachen) hatte aber jede Uhr auf dem Schiff 2 Stundenzeiger. Nach mächtig Feierei erreichten wir Tallinn - gebeutelt vom fiesen Jet-Lag. Unsere freundlichen Busse haben wir auch mitgenommen, die konnten uns dann gleich die Stadt führen. Vorher sammelten wir noch eine Führungskraft ein, die erzählte uns dann alles über die Stadt und das Land. Einige hörten zu, der Rest nutzte die Zeit, um zu schlafen. Nach einer Stunde rumfahren folgte dann noch eine Stunde rumlaufen, ebenfalls gefüllt mir lehrreichen Kommentaren unserer Führungskraft. Ich fasse mal zusammen: Tallinn ist etwas älter und gehörte immer mal wieder jemand anderem. Früher waren hier Deutsche (Hanseaten), die Handel betrieben haben. Viele Wörter klingen deutsch und viele Restaurants heißen auch so. Später dann hat immer mal wieder ein anderes Land über die Esten geherrscht: Dänemark, Finnland, vielleicht auch Schweden, Deutschland, Russland. Die Russen sind sehr unbeliebt. Zum einen, weil sie während der Kriegszeit viel grausamer als die Deutschen gewesen sein sollen, zum anderen weil sie Superhässliche Gebäude überall in der Stadt gebaut hatten. Nicht nett. Ich hab sie gesehen und kann sagen: Wirklich sehr hässlich. Da wär ich auch sauer.
Nach der Stadtführung erkundeten wir unser Hotel "Reval Inn". Wirklich sehr schön und modern! Nicht so gut ausgestattet wie unser Boot, aber nett. Abends gab's dann nach etwas Ausruhzeit etwas Feierei. Den Samstag nutzten wir dann, um Tallinn auf eigene Faust zu erkunden. Da wir als vorbildliche Studenten unsere Reise gut geplant hatten, gab es auch viel zu entdecken. Wie gesagt: Alles sehr mittelalterlich. Aber dennoch supermodern! Um die wirtschaftliche Lage in Tallinn zu analysieren, gingen wir zu McDonalds. Die Preise waren zwar etwas geringer als in Deutschland, aber nicht viel. Wir stellten fest, dass sich die Esten von uns was Technologie betrifft nichtsmehr sagen lassen. Die komplette Stadt war mit WLAN abgedeckt. Kostenlos!Und die Geschäfte waren alle groß, neu, modern, westlich und teuer. Mit Billigshopping war da wirklich garnix. Bis auf eine Sache vielleicht: Im größten Einkaufszentrum fand gerade eine kleine Technologiemesse statt. Ein netter Este wollte mir ein iPhone aufschwätzen. Eine kleine Produktvorführung hat mich schnell überzeugt und die Tatsache, dass ich das Ding für 650€ statt 400€ + 2 Jahre Vertrag mit 50€/Monat (bei T-Mobile in Deutschland) bekommen könnte, beeindruckte mich auch. Getrübt wurde meine Begeisterung nur durch die nicht vorhandenen 650€. Aber auch da wusste der Este Rat: Ich könnte ja einfach diesen netten Zettel unterschreiben, dann würde ich ne Rechnung bekommen und wenn ich die nicht bezahlen könnte, wäre das nicht schlimm, dann würde ich einfach kein Gerät bekommen. Da der freundlichte Este dafür von seinem Boss belohnt werden würde, half ich ihm natürlich gerne. Nach einer kleinen Shoppingtour machten wir uns dann daran, die Stadt zu erkunden.
Wie gesagt, wir waren gut vorbereitet. So trafen wir dann auch schnell den berühmten Sandhaufen.Als wir dann über den Platz des himmlischen Friedens liefen (wir haben ihn einfach mal so genannt, also groß war er schon), trafen wir die berühmte weiße Taube von Tallinn. Ich habe sie ein wenig auf ihrer Reise begleitet.
Der Abend endete dann wie üblich in Feierei. Am nächsten Morgen gings dann zurück zum Boot. Die 3 Stunden bis zum Check-In nutzen wir für.....richtig! Einkäufe. Geld zurückwechseln ist ja blöd. Also: Alles ausgeben. Ich kaufte gute deutsche Produkte, die es in Schweden nicht gab: Milka Schokolade. Auf dem Boot kam dann wieder das übliche Programm: Karaoke
Das Frühstück war übrigens ein Traum! Alles, was man sich wünschen konnte. Mein Liebling: Der Schokokristall. Leider unessbar, da zu schokoladig. Bei der Heimfahrt mit dem Bus mussten wir diesmal nicht zigmal umsteigen, sehr angenehm. Je weiter wir fuhren, desto dunkler (ok, lag teilweise einfach auch an der Zeit), verschneiter und kälter wurde es. Bei einer Rast testete ich, ob wir schon weit genug nördlich waren, um auf einem zugefrohreren See laufen zu können.
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